Ehrlich gesagt, habe ich lange überlegt, ob ich diesen Blog überhaupt schreiben möchte und ob ich ihn letztendlich auch veröffentlichen möchte.
Vorausstellend möchte ich hier schon sagen, dass ich keine wertenden Aussagen in Bezug auf die im Video gezeigte Straftat abgeben möchte und auch nicht diese Straftat beziehungsweise die in den Medien dargestellten Geschehnisse zur Vermarktung unseres Trainings nutzen möchte. Dieses wäre in meinen Augen auch mehr als geschmacklos und gehört hier auch nicht her.
Dennoch ist der tiefere Grund für diesen Blog aus Werbungen dieser Art entstanden. Einige Anbieter verschiedener Selbstschutzsysteme versuchen mediale Ereignisse zu nutzen und mit Versprechungen unterschiedlichster Art neue Kunden zu gewinnen.
Doch was ist passiert? Ein Mensch wurde durch einen Schlag am Kopf getroffen und ist im Anschluss zu Boden gestürzt. Durch diesen Sturz ist eine schwere Kopfverletzung hervorgerufen worden, die anscheinend tragischer Weise zum Tode führte.
Recherchiert man intensiv im Internet, so ist dieser Fall leider kein Einzelfall. Man findet verschiedene Beispiele, in denen letztendlich der Sturz ursächlich für eine tödliche Verletzung war.
Sehe ich nun Werbung, die damit wirbt, wie man sich gegen einen solchen Schlag verteidigt, so wurden doch grundlegende Elemente nicht verstanden. Zu einem ist es geschmacklos und zum anderen auch sachlich falsch.
Richtig ist, dass ich innerhalb einer gewalttätigen Auseinandersetzung durch das Einwirken einer oder mehrerer Personen zu Boden stürzen kann. Doch sollte man hier keine Einbahnstraße sehen. Auch ein möglicher Aggressor kann durch mein Verhalten zu Boden stürzen und hierdurch sekundäre Verletzungen erleiden.
An dieser Stelle sei schon gesagt, dass ich nicht von körperlicher Gewalt in einer Konfliktsituation abraten möchte. Sollte die Situation diese erforderlich machen, so sollte hier auch körperliche Gewalt im erforderlichen Ermessen angewendet werden.
Wie schon weiter oben gesagt, ist Gewalt aber keine Einbahnstraße die nur meiner eigenen Person widerfahren kann. Vielmehr ist diese zweidimensional und ich übe diese auch gegen eine andere Person innerhalb einer gewalttätigen Konfrontation aus. Somit sollte auch ich wissen, dass durch mein Handeln ebenfalls eine andere Person schwerstens oder gar todbringend verletzt werden kann.
Demzufolge geht es hier doch nicht primär darum, wie man einen Angriff jeglicher Natur abwehren kann. Vielmehr muss es doch um die Erkennung, Vermeidung, Deeskalation oder Flucht aus einer solchen Situation gehen. Die körperliche Auseinandersetzung darf hier nur den letzten Ausweg darstellen. Trainiere respektive unterrichte ich hier nur die reine Abwehrhandlung so fehlen die Erkennung, Vermeidung, Deeskalation und Flucht. Entweder habe ich diese bedeutsamen Aspekte nicht verstanden oder ich habe sie niemals zuvor unterrichtet bekommen.
Reale Gewalt ist mit dem sportlichen Zweikampf nicht vergleichbar. Innerhalb einer realen Konfrontation suche ich nicht den Kampf, ich möchte alles daran legen eine anderweitige Lösung zu finden.
Viele denken meines Erachtens hier sehr einseitig und reden immer nur von der Gewalt, die mir wiederfahren kann. Je nach Ausgang einer gewalttätigen Situation können hiermit auch für mich schwerwiegende Folgen entstehen. Gerade wenn ich eine Person schwerstens oder letal verletzen musste.
Die rechtliche Komponente ist nur eine dieser Folgen, die meistens in diesem Zusammenhang erwähnt wird.
Aber was ist mit mir und meinem sozialen Umfeld?
Wir kann ich das Erlebte verarbeiten? Was ist mit posttraumatischen Folgeerkrankungen? Erkenne ich und meine Umfeld eine solche Erkrankung?
Wie reagieren meine Familie und mein engster Freundeskreis wenn ich eine Person schwerstens oder sogar tödlich verletzen musste?
Was ist mit meinem Arbeitgeber? Wie reagieren meine Kollegen nach einem solchen Ereignis? Verliere ich vielleicht sogar durch eine Untersuchungshaft meinen Arbeitsplatz? Kann ich noch meinen Verpflichtungen nachkommen? Was ist mit meiner Familie und einer eventuellen Finanzierung des Eigentums?
Stelle ich mir diese Art der Fragen, sollte das eigene Ego nicht mehr auf die reine Kampfhandlung und einen möglichen Sieg innerhalb der Situation aus sein. Das eigene Ego sollte versuchen die wichtigen Werte im Leben zu schützen! Ein gutes Training ebenso!
Gefahren- und Kontaktmanagement und auch verbale Komponenten sind hier zwingend in das Training zu integrieren und müssen je nach Themenwahl auch mit der Priorität in das Training integriert werden, die sie verdienen.
Unsere Aufgabe als Trainingsteam für realbezogenen Selbstschutz ist es letztendlich, Personen, die unser Training wählen, sich vor erdenklichen Gefahren bestmöglich schützen zu können. Wir möchten Lösungen bieten, keine Probleme!
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Julius (Montag, 25 April 2016 22:38)
Sehr guter Beitrag und interessante Denkansätze. Sehe das ähnlich, dass man auch immer die Folgen seiner Taten berücksichtigen sollte, egal ob man aus einer Selbstverteidigungssituation oder ähnlichem handelt.
Julian (Mittwoch, 23 November 2016 15:02)
Guter Beitrag!
Gruß aus Frankfurt
Julian
www.combatives.biz (Mittwoch, 23 November 2016 15:14)
Danke!
Stephan (Donnerstag, 07 Dezember 2017 12:25)
So isses. Ich sehe aktuell hier in der Gegend extrem viele "Sv Kurse", bei denen man angeblich lernt, sich gegen "jeden Angriff zu schützen", da könnte man brechen.
Luka (Freitag, 08 Dezember 2017 08:13)
Der Beitrag ist gut. Viele dieser Ansichten sind wahr. Dennoch, Gewalt kannst du nur mit Gewalt stoppen. Da ihr selbst Combatives unterrichtet müsstet ihr das wissen.
Ich will hier auch klar stellen das ich Gewalt nicht verherrliche. Aber, in deinem Blog gehst du davon aus das man eine Wahl hat. Fakt ist, man hat nicht immer die Wahl, wenn du in die Situation rein rutschst wo es keinen anderen Weg als der der Gewalt gibt dann ist das so. Und in solcher Situation ist es das letzte woran du denken solltest und kannst sind die Konsequenzen welche mein handeln nach sich ziehen könnte. Ja Fakt ist auch, Konsequenzen wird es geben für beide Seiten. Wehrst du dich dann musst du dich erklären, wehrst du dich nicht kriegst Schläge und schlimmeres. Draussen sind so viele Menschen die sich ein Dreck darum kümmern ob sie dich ins Nirvana befördern oder ob du danach nicht mehr der selbe bist. Ja, Aufmerksamkeit ist der Schlüssel, wir sind aber nicht immer Aufmerksam. Abschliessend gebe ich dir Recht. Das Training darf auf keinen Fall einseitig sein. Es sollten tatsächlich alle Aspekte einer Konfrontation beachtet werden.
In diesem Sinne, Grüsse aus Stuttgart