Trägt man seine Schusswaffe verdeckt, so
steht man hier erneut vor einer großen Auswahl an Holstern und Holstertypen. Angefangen von eng anliegenden Holstern am Gürtel, über Schulterholster, Bauchtaschen und diversen
Innenbundholstern.
Alle sollen sie einen Zweck erfüllen, die geführte Schusswaffe unauffällig zu verdecken. Doch bringt die verdeckte Trageweise
oftmals auch neue Problemstellungen in Bezug auf die Geschwindigkeit des Ziehvorgangs und die Möglichkeiten die Waffe im stehenden Straßenclinch oder im Bodenkampf zu ziehen und
erforderlichenfalls einzusetzen.
Ein Innenbundholster, dass hier sinnige Dienste leistet, ist das sogenannte Appendix-Carry-Holster.
"Raked forward in front of the right hip is the appendix position. This is a good one for a detective whose
need for concealment is not overriding. The pistol can be seen when if the coat falls open, and is somewhat uncomfortable when the wearer is seated, but it is faster than the kidney position and
it permits a locked wrist.”
aus “Jeff Cooper on Handguns” von Jeff Cooper
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass man mögliche Vor- und Nachteile der offenen und verdeckten Trageweise nicht
miteinander vermischt, sondern gezielt aufgrund der jeweiligen Anforderungen betrachtet.
Die beste Möglichkeit eines Ausrüstungschecks bietet sich für uns innerhalb unseres Force-on-Force Trainings. Innerhalb der Dynamik und Geschwindigkeit der Realität wird schnell deutlich, was
funktioniert, was nur bedingt funktioniert und wovon man ganz einfach gesagt die Finger lassen sollte.
Wie schon mehrfach an anderer Stelle erwähnt, ist diese Art von Training nicht mit der klassisch traditionellen Schießausbildung vergleichbar. Innerhalb des Force-on-Force Trainings befindet man
sich nicht in einer Bereitschaftsposition und wartet auf das Kommando die Waffe zu ziehen, einen Schuss abzugeben und die Waffe wieder zu holstern. Vielmehr bewegt man sich hier situativ in einer
Simulation oder einem Szenario und muss anhand des Geschehenen Entscheidungen treffen und dementsprechend auch handeln. Die Selbstverteidigung mit der Schusswaffe respektive weiteren mitgeführten
Waffen steht im Vordergrund.
Im Gegensatz zu offen getragenen Waffen muss der Zugriff auf eine verdeckt getragene Waffe erst ermöglicht oder vorbereitet
werden. Dieses bedeutet, dass man vor dem eigentlichen Ziehen der Waffe die über der Waffe getragene Kleidung hochziehen oder beiseiteschaffen muss.
Hier ist der Vorteil bei einer getragenen Schusswaffe im Appendix-Carry-Holster zu sehen. Die Waffe befindet sich vor der rechten oder linken Hüfte und die Hände können situativ vor dem Körper
gelassen und bewegt werden. Unabhängig davon, ob man hier eine nichtstatische Fence-Position („italian talking“ laut Craig Douglas a.k.a. SouthNarc“) oder eine vorbereitende Position wie den
Fork-Lift der ISR Matrix wählt. Die Hände befinden sich natürlich und für andere Personen logisch nachvollziehbar vor dem Körper und in der Nähe der geholsterten Waffe. Ein Hochziehen oder
Beiseiteschaffen der Kleidung mit der unterstützenden Hand und ein Ziehen der Waffe mit der anderen Hand ist erheblich schneller ausführbar.
Griffe zu einer seitlich oder hinter dem Rücken getragenen Waffe erfordern ein unnatürlichen Bewegungsmuster und stellen an anderer Stelle optische Indikatoren für einen möglichen Zugriff auf
eine Waffe innerhalb des eigenen Konzepts dar… achtet auf die Hände und die Position der Hände einer Person!
Im stehenden Straßenclinch oder im Bodenkampf werden im Force-on-Force Training schnell weitere Vorteile sichtbar. Wird man mit
der Körperseite und / oder dem Rücken gegen eine Wand oder auf den Boden gedrückt, so ist der Zugriff auf seitlich oder am Rücken getragene Waffen blockiert. Ein Ziehen der Schusswaffe aus einem
Appendix-Carry-Holster kann im Clinch erfolgen und je nach Ausbildungsstand kann die Waffe im Nahbereich auch eingesetzt werden. An dieser Stelle sei bereits angemerkt, dass hier nicht nur die
Schussabgabe im absoluten Nahbereich trainiert werden muss, sondern auch der Schutz der gezogenen Waffe, sofern keine Schussabgabe erfolgt.
Das Reholstern einer aus einem verdeckten Holster gezogenen Waffe ist nur unter erschwerten Bedingungen möglich, da das Holster höchstwahrscheinlich wieder von der eigenen Kleidung bedeckt
wird.
Auch dürfte ein Reholstern im Clinch aufgrund der Dynamik ebenso nur unter diesen negativen Konditionen machbar sein… wenn überhaupt.
Der Schutz der Waffe im Appendix-Carry-Holster ist hingegen vereinfacht. Das Holster befindet sich vor dem Körper und somit
unmittelbar im Bereich der Arme oder Hände. Eine auffällige Kontrolle des Holsters an der Körperseite oder im Rückenbereich entfällt somit.
Auch im Clinch bietet dieses Vorteile. Wir der eigene Körper nach vorne gezogen beziehungsweise nach vorne runtergedrückt, so wird die Waffe durch die eigene Körperbeugung geschützt und nicht für
eine andere Person sichtbar. Wird man nach vorne runter gedrückt und trägt die Waffe im Rückenbereich, so wird ein Schutz der Waffe bei Fremdzugriff fast unmöglich.
Bei der Wahl beziehungsweise dem Kauf eines Appendix-Carry-Holsters spielt der Komfort eine bedeutende Rolle. Gerade
dann, wenn man das Holster über längere Zeit tragen muss und sich zum Beispiel länger in einer sitzenden Position befindet (zum Beispiel im Auto).
Der Korpus des Holsters sollte sich mit den Bewegungen des Körpers mitbewegen und diese komfortabel unterstützen. Dennoch sollte sich das Holster ständig an derselben Position am Gürtel befinden
und dort nicht verrutschen. Oftmals ist hier eine Gürtelschlaufe oder eine Möglichkeit das Holster am Gürtel einzuhaken ausreichend.
Wichtig ist auch zu beachten, dass eine sehr tief sitzende Waffe mit einem zeitaufwendigeren Ziehvorgang einhergeht.
Je tiefer die Waffe sitzt, umso besser kann diese verdeckt getragen werden. Aber mit diesem Vorteil generiert auch das erschwerte Umgreifen des Waffengriffes zum Nachteil.
Auch hier gilt es, den persönlichen Kompromiss zwischen Ziehgeschwindigkeit und Trageweise zu finden. Aus persönlicher Erfahrung, sollte aber ein Ergreifen der Waffe im Stand jederzeit ohne
größeren Aufwand möglich sein.
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